Iwan Hel
Hel, Iwan Andrijowytsch (17. Juli 1937, Horodecki Bezirk, Wojewodschaft Lwów, Polen – 16 März 2011, Lwiw, Ukraine).
Iwan Hel wurde in der Familie eines ehemaligen Soldaten der Ukrainischen Galizischen Armee (UGA) geboren, der der lokalen "Proswita"-Gesellschaft (Aufklärung) vorstand und nach der Ankunft der Sowjets Kolchosevorsitzender wurde, jedoch die illegale Organisation der Ukrainischen Nationalisten (OUN) heimlich unterstützte. 1950 wurde der Vater von Iwan Hel wegen der Zusammenarbeit mit der OUN zu 20 Jahren Lager verurteilt.
1952 weigerte sich Iwan, der Komsomolorganisation beizutreten, und wurde dafür aus der 10. Klasse verwiesen. Abitur machte er in der Abendschule von Sambir, bewarb sich dann an der Universität Lwiw, bekam aber als "Sohn eines Bandera-Anhängers" keinen Studienplatz und war gezwungen, als Schlosser in der Lwiwer Baggerfabrik zu arbeiten. Danach wurde er einberufen und diente in der Sowjetarmee.
1959, nach der Demobilisierung, begann er das Studium an der historischen Fakultät der Universität Lwiw im Fernkurs, dann wechselte er zu Teilzeitstudium und arbeitete dabei als Schlosser im Elektrovakuumbetrieb. In dieser Zeit lernte Iwan Hel Mychajlo Horyn kennen und schloss sich der Dissidentenbewegung an. Zusammen mit Gleichgesinnten druckte und verbreitete er Samisdat.
Am 24. August 1965 wurde Iwan Hel verhaftet und im März nächsten Jahres zu drei Jahren Lager strenger Vollzugsart wegen "antisowjetischer Agitation und Propaganda" sowie "rechtswidriger Organisationstätigkeit" verurteilt. Die Freiheitsstrafe büßte er in den Lagern Mordwiniens ab, wo er viele sowjetische Dissidenten kennenlernte. Iwan Hel war ein aktiver Kämpfer für die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche, unter anderem richtete er 1967 zweimal Briefe diesbezüglich an das Präsidium des Obersten Rates der Ukrainischen SSR.
Nach der Freilassung 1968 ließ er sich in Sambir, Gebiet Lwiw nieder, da es ihm unmöglich war, in Lwiw zu wohnen. Auf illegale Weise brachte er die Bücher "Im Schnee" ("Серед снігів") von Walentyn Moros und "Internationalismus oder Russifizierung?" ("Інтернаціоналізм чи русифікація?") von Iwan Dzjuba, Briefe aus der Haft von Mychajlo Horyn, Lyrikband von Mykola Cholodnyj "Schrei aus dem Grab" ("Крик з могили") sowie zahlreiche Aufsätze der Vertreter der ukrainischen Dissidentenbewegung heraus.
1972 wurde Iwan Hel als ein "besonders gefährlicher Rückfallverbrecher" zum zweiten Mal verhaftet und zu zehn Jahren Lager und fünf Jahren Strafbann verurteilt. Die Haft büßte er in Mordwinien und im Gebiet Perm ab, die Verbannung – in der Republik Komi. In den Lagern nahm er an Protestaktionen und Hungerstreiks teil, insgesamt hungerte er über 300 Tage. Im Lager schrieb er das Buch "Facetten der Kultur" ("Грані культури"), in dem er die Lage der ukrainischen Kultur in den Zeiten der russischen Okkupation analysierte. Dieses als "Samisdat" verbreitetes Buch erschien 1984 in London unter dem Pseudo Stepan Howerlian (in der Ukraine kam es erst 1993 heraus).
1987 kehrte Iwan Hel in die Ukraine zurück und schloss sich dem gesellschaftlich-politischen Leben an. Im Frühjahr 1987 stellte er zusammen mit anderen ukrainischen Dissidenten die Zeitschrift Das ukrainische Nachrichtenblatt (ukrainisch: Ukrajinskyj wisnyk) wieder her und wurde sein verantwortlicher Sekretär. Darüber hinaus setzte er sich für die Rechte der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche ein: gründete und leitete das "Komitee für den Schutz der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche", war Redakteur der Zeitschrift "Christliche Stimme" (ukrainisch: Chrystyjanskyj holos), organisierte kirchliche und politische Veranstaltungen in Galizien. Er beteiligte sich an der Arbeit des "Memorials" und der "Volksbewegung der Ukraine", war Mitbegründer der Ukrainischen Initiativgruppe für die Freilassung der Gewissensmarter.
1990-1994 war Iwan Hel als erster Vize-Vorsitzender des Gebietsparlaments Lwiw tätig, dann als Leiter der Gebietskommission für die Herstellung der Rechte der Rehabilitierten. Für sein aktives Engagement und Teilnahme am öffentlichen und politischen Leben, unter anderem für seine Menschenrechts- und Dissidententätigkeit sowie für den persönlichen Beitrag zur Wiedergeburt der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche wurde Iwan Hel mit mehreren Staatsorden der Ukraine ausgezeichnet.
Iwan Hel starb 2011 in Lwiw und ist auf dem Lytschakiwski-Friedhof bestattet.
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