Balys Gajauskas

Balys Gajauskas (24. Februar 1926, Vigralu, Bezirk Grziskiai, Rajongemeinde Vilkaviskis, Republik Litauen – 28. September 2017, Vilnius, Republik Litauen).

Litauischer politischer Häftling, Aktivist und Politiker, Abgeordneter des Litauischen Seimas.

Balys Gajauskas kam in der unabhängigen Republik Litauen zur Welt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte er im Widerstand der sowjetischen Besatzung. Als ein junger Mensch verteilte er in Kaunas, wo er wohnte und arbeitete, Flugblätter, erfüllte andere Aufträge der Partisanen, schrieb Artikel für die lokale illegale Zeitung. Während er im April 1948 festgenommen wurde, hatte er bei sich Waffen und antisowjetische Literatur. Für die Zusammenarbeit mit den "Waldbrüdern" wurde er zu 25 Jahren Lager verurteilt.

Die Strafhaft büßte Balys Gajauskas im Molybdänbergwerk in Balchasch (Kasachische SSR) ab, dann in Schesqasghan (Kasachische SSR), ab 1956 – in Mordwinien. Im Lager lernte er Fremdsprachen, unter anderem die wichtigsten europäischen Sprachen, sowie Japanisch, Koreanisch und Chinesisch. Im Mai 1973 wurde er freigelassen, arbeitete als Bauarbeiter und Elektriker in Kaunas (Litauische SSR). In dieser Zeit sammelte er Material über die Repressalien der sowjetischen Besatzungsmacht in Litauen und über die lokale Widerstandsbewegung, beteiligte sich an der Tätigkeit der im November 1976 gegründeten Litauischen Helsinki-Gruppe.

Im April 1977 wurde Balys Gajauskas wegen "antisowjetischer Agitation und Propaganda" zum zweiten Mal verhaftet und zu zehn Jahren Lager mit verschärften Bedingungen und 5 Jahren Strafbann verurteilt. Zur Last wurden ihm unter anderem Aufbewahren und Verbreiten von Samisdat, Übersetzung ins Litauische des Romans von Solschenizyn "Der Archipel Gulag", Unterstützung der Familien litauischer politischer Häftlinge, Menschenrechtstätigkeit gelegt. Die Haft büßte Balys Gajauskas im Lager ЖХ-385/1-8 im Dorf Sosnowka (Mordwinien). Dort heiratete er Irena Dumbrite, über die er seine Aufsätze und Dokumente politischer Häftlinge, unter anderem Ukrainer, aus dem Lager übergab. Für sein aktives bürgerschaftliches Engagement wurde der 1981 mit dem Internationalen Friedens- und Freiheitspreis ausgezeichnet. Zusammen mit anderen Insassen des Lagers wurde er in den Bereich mit besonders strengen Bedingungen ВС-389/36-1 im Dorf Kutschzno, Gebiet Perm überführt. Aus diesem Lager gelang es Balys Gajauskas 1983 seine Aufsätze und die Texte seines Zellengenossen Wassyl Stus zu retten. Die letzten sind nun als "Aus dem Lagerheft" bekannt.

Im Lager äußerte Balys Gajauskas immer eine prinzipielle Position, wofür er mehrmals mit der Unterbringung in der Arrestzelle sowie dem Entzug der Besuche und Pakete bestraft wurde. (Als seine Mutter eine Absage bekam und ihren Sohn nicht besuchen durfte, erkrankte sie und starb). In ihren Versuchen, aktive Tätigkeit von Balys Gajauskas im Gefängnis zu unterbinden, initiierte das KGB seinen Mord. Am 17. April 1986 wurde Balys von seinem Zellengenossen Boris Romaschow angegriffen. Der ehemalige Kriminelle schlug auf ihn zwölf Mal mit dem Schraubenzieher. Den Angreifer kostete es nur 15 Tage Arrestzelle, und beim Opfer stellte man lediglich "leichte Körperverletzungen" fest. Am 19. April 1987 wurde er nach der Freilassung aus dem Lager zum Strafbann in die Region Chabarowsk geschickt, wo er als Wächter in einer Fischerkolchose an der Küste der Ochotskischen See arbeitete.

Im Juli 1989 wurde Balys Gajauskas durch den Erlass des Obersten Gerichts der Litauischen SSR rehabilitiert. Das geschah dank aktiven Anstrengungen litauischer Gesellschaft zur Unterstützung der politischen Häftlinge. 1990 war er unter denen, die den Akt der Unabhängigkeit Litauens unterzeichneten. Von 1992 bis 1996 war er Abgeordneter des Litauischen Seimas, stand dort der Kommission für die Untersuchung der KGB-Tätigkeit in Litauern vor. Balys Gajauskas beteiligte sich aktiv am gesellschaftlich-politischen Leben Litauens, unter anderem an der Druckaufbereitung der Bücher über die lokale Partisanenbewegung, an der Gründung des Instituts für Nationales Gedächtnis, gehörte zum Rat des Museums für die Geschichte politischer Repressalien und des Totalitarismus "Perm -36". Er lebte und arbeitete in Vilnius, besuchte mehrmals die Ukraine.

 
Balys Gajauskas 

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Warum ist es wichtig, aktuell über Dissidenten zu sprechen

Vorwort des Redaktors der Historische Wahrheit, Vakhtang Kipiani